
Coole Architektur unter brennender Sonne
Am Tag der Architektur und beim Offenen Architekturbüro trotzten die Besucher der Hitze
von Peter Neideck
Wer hat schon Lust, sich bei 39° im Schatten Architektur anzusehen? Fast 1.300 Menschen waren es immerhin in Brandenburg, die sich nicht von den hohen Temperaturen abhalten ließen, um am Tag der Architektur Gebäude, Außenanlagen und am Samstag zuvor auch erstmals Architekturbüros zu besichtigen. Dank solider Dämmung, effektivem Sonnenschutz und häufig auch kühlen Getränken konnte man es in den 23 Bauten und 6 Büros gut aushalten. Die Auswahl der Objekte hätte indes größer sein dürfen. 2018 waren es noch ein Drittel mehr gewesen. Neben dem Klima wirkte sich der Termin in den Sommerferien ungünstig auf die Besucherzahlen aus. Doch daran ist nicht zu rütteln, denn der bundesweite Tag der Architektur findet traditionell immer am letzten Juniwochenende statt.
Jurek Brüggen konnte sich bei seinem Haus am See in Werder (Havel) über mangelndes Interesse nicht beklagen. Er führte im Halbstunden-Rhythmus über das parkartige Grundstück am Mühlenberg in dessen dichtes Grün das 2018 fertiggestellte Ferienhaus eingebettet ist. Sein prägnantes Konzept einer filigranen Holz-Glas-Konstruktion über einem massiven Sockelgeschoss vermittelt Landschaft und Jahreszeiten auf kontrastreiche Weise. Nicht nur die Architekturinteressierten, auch die Feriengäste wissen dieses Erlebnis zu schätzen: Das Haus ist über Monate ausgebucht.
Dagegen hatte es das Büro- und Lagergebäude einer Firma für Gastronomietechnik schwer, Besucher*innen in das Gewerbegebiet Am Artilleriepark nach Dallgow-Döberitz zu locken. An der attraktiven Arbeitswelt lag es nicht, die Alfons Wening und sein Projektleiter Joachim Schmeußer dort geschaffen haben. Eine sorgfältig detaillierte Wendeltreppe führt hinauf ins Bürogeschoss, das um eine Terrassenbreite zu den ebenerdigen Werkräumen verschoben ist. Oben dringt viel Licht durch kreisrunde Oberlichter und verleiht selbst dem kleinsten Flur Aufenthaltsqualität. So überraschte es nicht, dass sich die Besuchergruppe nach der 15 Uhr-Führung kaum auflösen wollte.
In Hohen Neuendorf nutzten viele Bürgerinnen und Bürger die Gelegenheit, das neue Rathaus kennenzulernen, auch wenn es wegen der Arbeiten an den Außenanlagen noch durch den Hintereingang erschlossen ist. Astrid und Luis Mola erläuterten ihren, aus einem Wettbewerb hervorgegangen Entwurf im Ratssaal und zeigten Fotos aus der Bauzeit, bevor mit Unterstützung der Rathausmitarbeiter durch die neuen Räume bis hinauf zur Dachterrasse geführt wurde. Bemerkenswert, dass die Stadt den Tag der Architektur nutzte, um zugleich das Schülerprojekt eines Seminarkurses zum Thema „Modellstädte – Stadtmodelle“ mit einer Ausstellung zu würdigen.
Überstunden machte Angela Petzi, als kurz vor 18.00 Uhr noch drei Besucher vor der Tür des Einfamilienhauses im Oranienburger Ortsteil Germendorf standen. Auch nach fünfstündigem Einsatz führte sie voller Enthusiasmus durch den perfekt gestalteten Wohnkubus, den eine zentrale Sichtbetonscheibe mit Kragtreppe strukturiert. An einem solchen Tag sei der ganze Ärger beim Bauen vergessen, meinte die Architektin, die sich am gelungenen Ergebnis und den zustimmenden Reaktionen freute.
Unterschiedliche Resonanz rief das Offene Architekturbüro hervor. Das Cottbuser Büro mayerwittig, das den Anstoß für die Einführung des, bei anderen Länderkammern bewährten Formats gegeben hatte, konnte nicht nur neugierige Architektur-Studierende sondern auch zahlreiche andere Besucher begrüßen. Die machten sich andernorts trotz intensiver Werbung rar, etwa bei Bölke Planung in Treuenbrietzen. Siegmund Bölke versuchte es mit Humor zu nehmen. So sei wenigstens das Büro wieder einmal richtig aufgeräumt worden. Grundsätzlich wurde das Offene Architekturbüro als neue Präsentationsform in der Kollegenschaft positiv bewertet. Wie es in Zukunft gelingen kann, mehr Objekte, mehr Büros und mehr Besucher für den Tag der Architektur zu gewinnen, darüber wird zu diskutieren sein. Wir laden Sie herzlich ein, sich einzubringen.
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